Gedanken, Erkenntnisse, Ratschläge
Nach seiner Therapieabsolvierung muss man aufpassen, dass man nicht in den
Kreis der Überzeugungstäter aufrückt, die nur noch ihre Therapieentscheidung
als die einzig Richtige ansehen.
Überzeugungstäter möchte ich aber bei der Vorsorge und Diagnostik sein und
mein Ratschlag ist, beginnen Sie frühzeitig mit der Vorsorge in Form des PSA-
Screening, und zwar mit 35 Jahren falls es in Ihrer Familie (Blutsverwandtschaft)
Prostatakrebs gegeben hat und ansonsten mit 40 Jahren. Der Bluttest sollte
jährlich erfolgen und wichtig ist, die Ergebnisse grafisch darzustellen z.B. mit
Excel.
Die langfristige PSA-Entwicklung über Jahre erfasst und grafisch dargestellt hat
eine große Aussagekraft und liefert mit die entscheidenden Informationen, ob
Abwarten (AS/WW) vertretbar oder weiterführende Maßnahmen angesagt sind. Ich
möchte dies an einem Fallbeispiel von zwei 40-jährigen, die mit der PSA-
Überwachung im Jahr 2009 begonnen haben und dies dann jährlich weiter
fortführen würden, demonstrieren.
Der Verlauf gemäß Datenreihe 1 (blau) signalisiert spätestens ab dem Jahr 2024,
dass mit dem Entstehen eines Karzinoms gerechnet werden muss und dass
zwischen 2024 und 2027 und spätestens 2028 eine Biopsie gemacht werden sollte.
Datenreihe 2 (rot) signalisiert zwar auch, dass eine unerwünschte Entwicklung sich
anbahnen könnte, wobei aber ohne großes Risiko weiter abgewartet werden kann. In
der Datenreihe 2 habe ich im Jahr 2020 einen Ausrutscher eingebaut, wobei die
Ursache eine Fehlmessung oder Prostatitis z.B. sein könnte. Ich möchte damit auch
zeigen, wie sicher man bei regelmäßigem PSA-Screening gegen Fehlinterpretationen
und falschen Schlüssen gefeit ist. Vollständigkeitshalber führe ich noch an, dass
selbstverständlich der Quotient zu freiem PSA zu messen bzw. zu bilden ist sowie
der Testosteronspiegel und der Verlauf dieser Werte als weitere Indikatoren im
Diagramm zu führen sind und zwischen 45 und 50 Jahren begonnen werden sollte,
jährlich die Vorsorgeuntersuchung mit rektalem US beim Urologen durchzuführen.
In unserem Fallbeispiel steht bei der Datenreihe (1) blau ab 2024 die Überprüfung
durch eine Biopsie an, und wenn mental bei einem positiven Biopsieergebnis ein
Abwarten also AS (Active Surveillance) nicht infrage kommt, dann ist eine 12-fach
Stanzbiopsie durchzuführen, da dies Ergebnis zur Therapieplanung bei Ektomie
sowie den Bestrahlungstechniken benötigt bzw. benutzt wird. Auch am
Stanzbiopsiematerial kann die DNA-Ploidie bestimmt werden. Wenn AS als
Therapieoption bei entsprechender Diagnose infrage kommt, dann ist als erster
Schritt eine weniger invasive Feinnadelaspirationsbiopsie FNAB optimal mit der
Bestimmung der DNA-Ploidie.
Die beiden Diagnoseverfahren für den Prostatakrebs nämlich den bekannten Gleason
Score und die weniger geläufige DNA-Ploidie erläutere und vergleiche ich bzw. stelle
diese nun gegenüber.
Beim Gleason Score erfolgt die Klassifizierung an Gewebeschnitten also indirekt.
Nachstehende Abbildungzeigt die alte und rechts die neue Gewebemustereinteilung,
gültig ab 2005, wobei die Zahlen
zwischen den beiden Bildmustern
die bekannten Gleason Score
Angaben sind. Die Klassifizierung
beim Gleason Score GS erfolgt als
Summenangabe wie z.B. GS 3 + 4 =
7 und besagt, dass die erste Ziffer
der häufigste und die zweite Ziffer
der zweithäufigste gefundene Krebs-
Gewebetyp in einer Stanze sind. Gibt
es nur einen Gewebetyp, so wird der
GS mit denselben Summanden wie
z.B. GS 3 + 3 = 6 gebildet. Das
Gewebematerial im Stanzzylinder
wird vom Pathologen lagenmäßig
untersucht, so dass die
Höhenverteilung des malignen
Gewebes, die Ausdehnung wie auch
die Lage des Karzinoms in der
Prostata widergibt und auch zeigt,
ob die Kapsel tangiert oder sogar
durchbrochen wurde. Mit der Verteilung von je sechs Stanzen pro Prostatalappen
ergibt sich im Querschnitt und auch insgesamt räumlich ein guter Überblick über
Größe, Ausdehnung und Lage des Karzinoms in der Prostata. Dies ist dann die Basis
der Therapieplanung für die Ektomie und den Bestrahlungstechniken, wobei der
Schwachpunkt auch sofort erkennbar ist, nämlich die Informationen sind nur so gut
wie die Stanzen die Krebsherde getroffen haben. Deshalb kommt es nach der
Ektomie öfters zu einer Heraufstufung des Krankheitsbildes, da die entfernte
Prostata natürlich exakt untersucht werden kann.
Mit steigender Gleasonsumme verbindet man aggressiveren Krebs und in Anlehnung
an Hackethal ist ein GS 3 + 3 = 6 ein Haustier- und ein GS 4 + 4 = 8 ein Raubtierkrebs.
Trotzdem passiert es, dass nach Ektomie der Haustierkrebs ein Rezidiv entwickelt
und der Betroffene mit dem Raubtierkrebs geheilt ist. Ein Teil der Fachleute spricht
dann von der individuellen Biologie des Karzinoms, was immer man sich darunter
vorzustellen hat. Man tut sich schwer, einzugestehen, dass GS und PSA-Wert nicht
für eine sichere Prognose ausreichen. Hier liefert die DNA-Ploidie überzeugendere
Ergebnisse. Schon Tribukait, Stockholm, schätzte bereits 1993 die
Prognosezuverlässigkeit der DNA-Ploidie:
Was kann die Ploidie nun so viel besser als der Gleason Score? Die Ploidie misst
objektiv das Ausmaß chromosomaler Veränderungen in mehreren hundert
Tumorzellen.
Die beiden nächsten Abbildungen zeigen die Chromosomensätze einer
normalen Zelle mit 23 Chromosomenpaaren (linke Abbildung) und die Abbildung
rechts daneben zeigt eine entartete, eine Krebszelle. Man sieht sehr gut die
Störungen in Form von fehlenden, beschädigten oder viel zu vielen Chromosomen.
Diese Bilder sprechen für sich, für die Objektivität des Verfahrens und brauchen
keine langen Erklärungen.
Die Messung der durch die Chromomen verursachten Änderung des Gehaltes der
Krebszellen an Erbsubstanz DNA
erfolgtunter dem Mikroskop durch
Bildauswertprogramme. Der DNA-
Gehalt der Krebszellen wird in einem
Diagramm graphisch dargestellt,
einem sog. Histogramm.
Auf der x-Achse wird der DNA-
Gehalt der Zellen in der Einheit c
dargestellt. 2c entspricht dem DNA-
Gehalt einer gesunden Zelle mit
zweifachem Satz, also 46
Chromosomen. 4c entspricht einer
in Teilung befindlichen Zelle oder
einer mit vierfachem
Chromosomensatz. Die Höhe der
Balken markiert die Zahl von Zellen
mit demselben DNA-Gehalt.
Dieses Diagramm zeigt eine
peritetraploide Verteilung. Umso
mehr sich die Balken nach rechts
verschieben zu höheren c-Werten,
umso entarteter, also aggressiver
sind die Zellen. Bei hoch
aggressivem Krebs kann es bis zu
20c, also Zellen mit 460
Chromosomen, kommen. Die
dunkelgrüne Farbe für die Balken
steht für die relativ harmlosen
diploiden, die hellgrüne für die
weniger harmlosen tetraploiden und
die rote für die sehr aggressiven
Karzinomzellen.
Ergänzend möchte ich noch darauf
hinweisen, dass es auch Krebszellen zwischen den ganzzahligen c-Werten gibt z.B.
bei 8,4, und dies bedeutet dann 8,4x23=193 Chromosomen.
Nachstehendes Diagramm zeigt eine peridiploide Verteilung also eine Diagnose mit
einer guten Prognose.
Trotzdem ist dies Ergebnis nicht für AS (Abwarten) geeignet, da die Zellteilung
(Proliferationsfraktion) bei 8 % liegt, denn bei c = 4 gibt es eine Zellhäufung von 33
Zellen. Dies entspricht bei der Gesamtzahl von 440 ausgewerteten Krebszellen der 8
% Teilungsrate. Normale, gesunde Zellen haben eine Teilungsrate < 5 %, und dies
wären dann maximal 21 Zellen bei c = 4, da die in Teilung befindlichen Zellen die
doppelte Chromosomenzahl nämlich 92 aufweisen. Höhere Teilungsraten als 5 %
bedeuten mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Progression zu peritetraploider
Verteilung innerhalb der nächsten zwei Jahre und dann weiterer Progressionsablauf
zu x- oder multiploider Verteilung, so dass nach einigen Jahren die palliative
Situation erreicht ist. Das nachstehende Video zeigt im Zeitraffer diesen Ablauf
anhand der DNA-Ploidie.
„Übertherapie vermeiden“ ist heute das Schlagwort, wobei aber aus Sicht der
Betroffenen noch wichtiger ist, Untertherapie auszuschließen, damit das
Horrorszenario, wie im Video gezeigt, nicht eintreten kann, denn mit fortschreitender
Progression nimmt die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs nach kurativer Therapie
stark zu.
Eine erfolgte Progression kann mit den heutigen Möglichkeiten nicht mehr
rückgängig gemacht werden.
Und hier gibt die DNA-Ploidie die Entscheidungssicherheit für AS mit
- Klare Prognoseaussage mit peridiploider Verteilung und einer
Proliferationsfraktion < 5 %
- Feinauflösende Progressionsüberwachung
- Monitoring mittels wenig invasiver FNAB
Informationen zur FNAB wurden von der SHG-Bretten in diesem PDF-Dokument
zusammengetragen.
Während beim Verlassen nur auf den Gleason Score und den PSA-Wert erst nach
zwei bis vier Jahren bei einer Rebiopsie die Progression auffallen würde mit dem
Ergebnis der deutlich niedrigeren statistischen Chance auf einen kurativen Erfolg bei
der Ektomie bzw. einer Strahlentherapie.
Wer mehr über die DNA-Ploidie wissen möchte, findet dies in
Prostatakrebs, Diagnose und Prognose
Mit Zellen statt Skalpellen
DNA-Bildzytometrie
DNA-Malignitäts-Grading des Prostatakarzinoms komplementär zum Gleason-Score
Prognostische und therapeutische Bedeutung der DNA-Zytometrie beim
Prostatakarzinom
Der Prostatakrebs entsteht also nicht über Nacht sondern entwickelt sich ganz
langsam. Betreibe ich Vorsorge, so erkenne ich sehr frühzeitig an den langsam
ansteigenden PSA-Werten, dass sich etwas anbahnen könnte. Dann ist der Zeitpunkt
gekommen, sich auf den KISP und BPS Websites zu informieren, sich ein
Grundwissen über Prostatakrebs und mögliche Therapien anzueignen.
Erfordert die weitere PSA-Entwicklung eine Biopsie, und ist das Ergebnis positiv,
dann zeigt mir die Ploidie, ob Abwarten weiter sinnvoll oder ob eine kurative
Therapie angesagt ist. Es ist nun auch ein geeigneter Zeitpunkt, im BPS-Forum aktiv
zu werden, um Meinungen von anderen Betroffenen zur eigenen Situation bzw. zu
den eigenen Therapieideen zu hören. Kommt man in seiner Meinungsbildung voran,
dann sollte auch mit seinem Urologen die favorisierte Vorgehensweise besprochen
werden, wobei der zeitliche Ablauf Forum/Urologe natürlich auch in umgekehrter
Reihenfolge oder parallel durchgeführt werden kann. Auf jeden Fall wird der riesige
Vorteil einer Vorsorge sichtbar, nämlich
-
Die Diagnose kommt nicht überraschend.
-
Ich kann mich ohne Schockzustand mental auf die sich entwickelnde Situation
einstellen und schon im Vorfeld mir erste Informationen zur PK-Thematik
aneignen.
-
Bei positiver Diagnose stehen mir aufgrund des frühzeitigen Erkennens (fast)
alle Therapieoptionen offen.
-
Ich komme als mündiger Patient zum Urologen.
-
Die Therapiewahl kann ohne Zeitdruck erfolgen.
Gemäß meiner eigenen Erfahrung ist die Therapiewahl ein Mix aus nüchterner
Analyse, Festlegung seiner persönlichen Prioritäten und dazu ein (großer) Schuss
Bauchgefühl. In dieser Phase des Findens unbedingt kritisch aber nicht ablehnend
gegenüber den Empfehlungen von dritter Seite sein, und zwar aus folgenden
Überlegungen und Erfahrungen
-
Bei Aufsuchen eines Urologischen Zentrums zur Therapieberatung muss man
berücksichtigen, dass diese Einrichtungen heute auch Wirtschaftsbetriebe
sind und wirtschaftlichen Erfolg haben wollen/sollen. Die
Therapieempfehlungen werden deshalb nur in der Bandbreite der am Zentrum
vorhandenen Möglichkeiten gegeben.
-
Führen Sie als Privatpatient das Informationsgespräch mit dem Professor oder
Chefarzt, dann wird er nur seine Methode als die einzig richtige erfolgreiche
Therapie offerieren. Er ist nämlich in die Topposition gelangt, weil er seine
Methode beherrscht, praktisch und wissenschaftlich. Es geht ihm wie dem
Autoverkäufer, der schon zwanzig Jahre die Marke Mercedes verkauft und sich
nicht vorstellen kann, dass Toyota die besseren Autos baut. Und er will Sie als
Patient/Kunde gewinnen, denn Sie sind ein Teil seines Zusatzverdienstes.
-
Auch die Therapievorschläge aus dem BPS-Forum sind kritisch zu prüfen,
denn es ist sehr menschlich, die eigene Therapiewahl als die einzig richtige,
die einzig erfolgsgarantierende Therapie darzustellen. Soweit Vorschläge als
eigene Erfahrung deklariert sind, kann man sich die PK-Historie des
Empfehlenden ansehen und prüfen, welche Übereinstimmungen es mit der
eigenen Situation gibt und gegebenenfalls dann Kontakt aufnehmen.
Sobald eine Vorentscheidung für eine Therapie gefallen ist, muss der nächste Schritt
sein, herauszufinden, wo die Wunschtherapie optimal ausgeführt wird. Im
Allgemeinen wird es mehrere nach den ersten Informationen gleichwertige
Möglichkeiten geben, und es empfiehlt sich auch mehrere- mein Vorschlag drei- der
in der Vorauswahl favorisierten Einrichtungen anzusehen. Vereinbaren Sie über das
zuständige Sekretariat ein Gespräch mit dem Professor/Chefarzt. Dies empfehle ich
Ihnen auch als Kassenpatient, und bei eventueller Nachfrage der Sekretärin zur
Krankenkasse antworten Sie, dass sie die Kosten selber tragen. Die Gespräche mit
den Toppmanagern unserer Gesundheitseinrichtungen sind verhältnismäßig
preiswert, und zwar 70 bis 150 Euro pro Gespräch abhängig von der
Gesprächslänge, und ein Teil davon wird Ihnen auch die Kasse erstatten. Bereiten
Sie sich mit Notizen auf das Gespräch vor. Schreiben Sie ihre Fragen auf, die noch
zur Therapie oder Durchführung bestehen.
Erläutern Sie ihrem Gesprächspartner kurz ihre Diagnose und ihre Überlegungen, die
zur Therapiewahl geführt haben. Dies ist sehr wichtig, damit ihr Gegenüber sofort
erkennt, dass sie sich mit der Materie beschäftigt haben, und damit werden seine
Antworten qualifizierter und respektvoller ausfallen.
Aufgrund der Gespräche wird sich bald herauskristallisieren, zu welchem Arzt, zu
welcher Institution man das größte Vertrauen hat. Auch als gesetzlich
Krankenversicherter sollte man abhängig von der gewählten Therapie überlegen, ob
mit privater Zuzahlung man sich vom Experten behandeln lässt, und zwar stellt sich
diese Frage immer bei den Therapien, wo das manuelle Geschick maßgeblich mit
dem Erfolg verknüpft ist. Es geht bei der Therapie um Ihre Lebensqualität.
Diese Frage stellt sich z.B. nicht bei einer externen Strahlentherapie, da Einrichtung
und Bedienpersonal für alle Patienten gleich sind.
Ein anderes Szenario entsteht, wenn keine Vorsorge betrieben wurde, und die
Diagnose Prostatakrebs überraschend aus heiterem Himmel kommt. Dann ist es
wichtig Panik und Hektik zu vermeiden, und diese Diagnose in den kommenden
Wochen und Monaten zur Lebenspriorität zu machen. Es ist die Zeit da- der
Prostatakrebs wächst langsam- sich gut und ausführlich zu informieren und in Ruhe
seine Entscheidung zu treffen. Sobald die Diagnose Prostatakrebs innerlich
akzeptiert worden ist, und damit wieder mit Systematik an das Problem
herangegangen werden kann, gelten die weiter oben gemachten Ausführungen für
die weitere Vorgehensweise, um seine Therapie zu finden.
Die Diagnose Prostatakrebs ist nicht automatisch ein Todesurteil, auch nicht bei
fortgeschrittenem PK. Auch bei Letzterem gibt es heute Behandlungsmöglichkeiten,
die noch Jahre des Überlebens bei ordentlicher Lebensqualität ermöglichen. Einen
kleinen Trost bzw. etwas Hoffnung gibt auch in dieser Situation die Statistik
Die meisten PK-Patienten sterben nicht an sondern mit ihrem PK.